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Unbekannte Bücher: The Last Man

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28. August 2013 von

via amazon
Wer an Mary Shelley denkt, denkt wahrscheinlich automatisch an ihren Welterfolg "Frankenstein". Die Geschichte des besessenen Arztes Victor Frankenstein und seiner Kreatur gehört zu den besten Schauergeschichten der Weltliteratur und ist mehrfach verfilmt worden. Aber Mary Shelley hat noch weitere Romane geschrieben, die zu ihren Lebzeiten veröffentlicht und rezipiert wurden. Doch kaum einer ist davon heute noch so bekannt wie "Frankenstein". Ich möchte hier kurz einen Roman vorstellen, der weit weniger Bekanntheit erlangt hat und erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt wurde.

"The Last Man" ist eine apokalyptische Erzählung. Die Welt-bevölkerung wird von einer unbekannten Krankheit dahingerafft und nur wenige überleben. Jeder Winter bringt die Hoffnung, dass die Epidemie gestoppt wird und in jedem Frühjahr sterben noch mehr Menschen.
Lionel Verney und seine Schwester Perdita wachsen ohne großen Einfluss durch Erwachsene auf und entwickeln sich so zu sozial isolierten und unzivilisierten Personen. Während Lionel seinen Hass auf die Monarchie pflegt, beginnt Perdita, ihr Leben in der Abgeschiedenheit zu genießen. Erst das Auftauchen von Adrian, Earl of Windsor, führt zu einer Veränderung in den Geschwistern. Unter dem Einfluss von Adrian beginnt Lionel sich für Philosophie zu interessieren und integriert sich in die Gesellschaft. Im Verlauf der weiteren Handlung kommt es zu verschiedenen Verstrickungen, die zur Heirat von Lionel und Adrians Schwester Idris  und des ambitionierten Lord Raymond und Perdita. 
Erst im zweiten Teil wird die Epidemie für die Figuren überhaupt relevant. Langsam verbreitet sie sich über Europa und den amerikanischen Kontinent. In Folge des Massensterbens beginnt das soziale Gefüge zu bröckeln. Flüchtlinge erreichen England von allen Seiten und die Ordnung kann kaum mehr aufrecht erhalten werden. Lionel und seine Freunde entscheiden sich, England zu verlassen und in die Schweiz zu reisen, in der Hoffnung, den Sommer in den kühleren Bergregionen verbringen zu können. Sie beginnen eine Odyssee durch Europa, die so mancher mit dem Leben bezahlt.

"The Last Man" ist also ein Science-Fiction-Knaller aus dem Jahr 1826 und damit noch vor den genrebegründenden Werken Jules Vernes erschienen. Das Motiv des letzten Menschen war aber auch 1826 schon nicht mehr neu und es stellt sich die Frage, ob dieser Umstand nicht auch ein wenig dazu geführt hat, das Shelleys Roman von der Leserschaft so schlecht aufgenommen wurde. Es wurde keine weitere Ausgabe gedruckt und "The Last Man" verschwand von der Bildfläche. Erst 1965 wurde der Roman wiederentdeckt und erneut gelesen - wenn auch nur von einer kleineren Gruppe wissenschaftlich interessierter Leser. Inzwischen existiert eine lange Liste von Aufsätzen zu allen möglichen Aspekten der Erzählung - von Fragen nach autobiographischen Elementen (Lord Raymond ist deutlich an Lord Byron angelehnt, Lionel an Shelley selbst) bis hin zu feministischer Kritik. Der Originaltext wurde außerdem als Hypertext aufbereitet und steht online zur Verfügung.


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