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Das verdammte Kapitel

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18. September 2014 von

Es gibt Tage im Leben, da stapeln sich die Selbstzweifel deckenhoch. Heute ist einer dieser Tage. Nach Wochen, ach was, eigentlich nach Monaten liegt der Roman wieder auf dem Schreibtisch und das Wörterbuch daneben. Das schlechte Gewissen, lange nichts getan zu haben, hat an mir genagt und meine Übersetzung geht endlich weiter. Allerdings ist das Tempo, mit dem ich mich durch den Text arbeite heute schneckenhaft. Ich lerne: "sich mit dem Arsch in die Nesseln setzen" ist sehr wohl auch im Lettischen eine gültige Phrase, wenn auch sie wohl etwas anders zu verstehen ist. Aber da hört der Erfolg auch schon auf. Ich hänge fest im Kapitel des Grauens, das kein Ende nehmen will.


Nach mehreren Stunden, die ich auf Papier starrend verbracht habe, gebe ich auf. Was mein Kopf braucht, ist Kaffee. Stark - am besten einen Espresso, damit die Niederlage nicht so weh tut. Ich zweifle an mir. Zum hundertsten Mal schlage ich das immergleiche Verb nach, das so einfach nicht in meinen Kopf will und sich bald auf jeder 2. Seite in der Glosse wiederfindet. Ich überlege, ob ich es groß auf einen Zettel schreiben sollte, den ich mir auf Küchenschränke, Spiegel, Wände und über mein Bett kleben sollte. Es gibt Worte, die sich mir entziehen. Dumm nur, wenn sie wiederholt auftauchen.

Vielleicht, so grolle ich mit mir selbst, sollte ich noch einmal einen Anfängerkurs besuchen. Nicht nur Wörter machen sich auf und davon - auch die Grammatik scheint im Urlaub zu sein. Der Zweifel nagt, ich schlage nach. Gestern habe ich mich dabei erwischt, wie ich interessiert ein Wörterbuch gelesen habe. Mit grammatischen Anhängen. Aus lauter Zweifel heraus krame ich die Konjugationstabellen heraus. Frage mich, ob dieses Projekt nicht doch zu groß für mich ist. Lächerlich, der Roman hat kaum mehr als 150 Seiten, sage ich mir dann. Und gehe seufzend zurück an den Schreibtisch, um noch einmal bei Satz eins anzufangen, auf der Suche nach dem richtigen Ausdruck. Der Zweifel bleibt in der Küche hocken und trinkt meinen kalten Kaffee. Hoffentlich schleicht er danach nur langsam wieder an mich heran.



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